Rundgang durch die Haselburg
Ein Drohenrundflug des YouTube Kanals PropZone über die Anlage:
Die Anlage
Grundrißplan der Haselburg nach den Grabungen 1979-86. Aus F.-R. Herrmann, Die villa rustica „Haselburg“ bei Hummetroth. Archäologische Denkmäler in Hessen 55² (Wiesbaden 2001).
Die Hoffläche der Haselburg ist annähernd quadratisch bei 183,5 x 185,5 m (3,4 ha). Sie wurde umgeben von einer Mauer, deren Fundamentstärke zwischen 0,60 und 0,80 m variierte. Etwa an der Mitte der Nordwestseite konnte bisher ein Tor mit einer Durchfahrtsbreite von 3,60 m nachgewiesen werden. Noch 1880 wurden dort nach Berichten des Ausgräbers H. Gieß „ zwei mächtige Sandsteinquader mit eingelassenen Torpfannen" ausgebrochen. Bestimmte bauliche Befunde lassen vielleicht ein weiteres Tor im Südosten der Anlage vermuten. Die Umfassungsmauer ist heute an den vier Ecken und im nordöstlichen Bereich sowie und am Tor teilweise rekonstruiert, sonst ist ihr Verlauf durch Hecken gekennzeichnet. Auch die nachfolgend beschriebenen Anlagenteile sind auf ihren Grundmauern bis zu einer wissenschaftlich vertretbaren Höhe aufgebaut worden; auf die Darstellung des anzunehmenden Küchengebäudes über dem Keller wurde verzichtet.
Nebengebäude des Hofes sind trotz intensiver Ausgrabungen bisher nur wenige bekannt. Östlich vom sog. "Wirtschaftstrakt" fand sich ein kleines Gebäude an die Hofmauer angelehnt. Südöstlich daran anschließend belegten mehrere Pfostenstellungen, dass man weitere Holzschuppen an die Mauer angebaut hatte. Bei den Richtungsangaben muss man beachten, dass entgegen den Angaben der frühen Ausgräber die Ecken des Haselburggeländes nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet sind und die Seiten nach NW, NO usw.
Bereits 1886 wurde von H. Gieß in der Südecke ein Gebäude von 22,5 x 15 m ausgegraben. Es war durch eine Längsteilung und eine weitere Aufteilung der schmaleren Raumflucht in drei Räume untergliedert. Auch dieses Gebäude wurde nicht rekonstruiert, sondern bisher nur durch geophysikalische Messungen bestätigt.
Südlich des Bades wurde bei den Grabungen des Landesamtes für Denkmalpflege ein rechteckiger Mauerwinkel mit Eingang freigelegt. Der Befund könnte zu einem Gebäude gehören, dessen SO- und SW-Mauern vielleicht ausgebrochen oder ausgepflügt wurden, weshalb wir die Größe nicht mehr bestimmen können. Andererseits wurden später an der SO-Außenmauer ein anbindendes Mauerstück und ein weiteres in Richtung zu dem Mauerwinkel gefunden, so dass auch eine Abschnittsmauer angenommen werden könnte.
Die Wasserversorgung des Hofes erfolgte nicht über Brunnen, sondern man leitete Wasser in Kanälen von Quellen im Westen der Anlage (oberhalb der modernen Ortschaft Hummetroth) zur Haselburg. Ein Kanal zum Bad konnte bisher nicht festgestellt werden. Ein Kanal ist im Nahbereich des Hauptgebäudes freigelegt worden. Er führte von NW zum Keller zur Wasserversorgung der über dem Keller liegenden Küche und vom Keller durch den Hofbereich nach unten ins Gelände. Das Hauptgebäude selbst hatte weder Wasserzufluss noch –abfluss. Dass das Frischwasser durch den Keller geführt worden wäre, ist unwahrscheinlich und nicht erkennbar. Aus dem Keller führte aber ein Abwasserkanal durch den Innenhof und um das Bad herum ebenfalls nach unten.
Auch das Bad wurde über diesen Kanal entwässert. Am niedrigsten Punkt des Badegebäudes befand sich die Latrine, damit mit dem Brauchwasser ganz zuletzt noch die Toilette gespült wurde, bevor es den Hang hinab als Abwasser aus dem Gebäude geleitet wurde. Die Kanäle waren aus Dachziegeln und Steinplatten aufgebaut, wie man es häufig in römischen Siedlungen findet.
Das Hauptgebäude oder Herrenhaus
Das Herrenhaus des Gutshofes wird gekennzeichnet von der vorgelagerten dreiseitigen Portikus mit Innenhof, an die sich funktionale Anbauten wie das Bad und der Wirtschaftstrakt (Hofbereich) anlehnen. Entgegen der weitverbreiteten Meinung handelt es sich nicht um ein Peristylhaus, die Portikus hätte dann vollständig von Gebäuden umgeben sein müssen. Es lassen sich am Herrenhaus Bauphasen unterscheiden. Zuerst das Hauptgebäude mit einem Risalit (Anbau) an der Ostecke und einer Portikus an der Vorderfront; ein üblicher zweiter Risalit an der Westecke ist nicht nachweisbar. Danach müsste die Portikus auf beiden Seiten mit zwei Apsiden nach SO erweitert worden sein, wobei der Risalit durch die östliche Apsis überbaut wurde. In dieser Phase wurde auch der Keller mit dem darüberliegenden Küchenraum errichtet und an die Portikus angebunden. Dabei ergaben sich Abweichungen in der Ausrichtung der einzelnen Gebäudeteile.
Es wird diskutiert, ob die Apsis und die Hypokaustheizung bereits in der ersten Phase vorhanden waren oder erst in der zweiten Phase mit der Erweiterung nach SO und dem Keller eingebaut wurden, was die Befunde nicht erkennen lassen.
Schließlich wurde das Bad errichtet und die Portikus dorthin erneut verlängert, wobei sie vor dem Bad eine geringere Breite bekam.
Der Wirtschaftstrakt ohne den Keller war sicher das früheste Gebäude auf dem späteren Villengelände mit einer anderen Ausrichtung als das Hauptgebäude und wurde abgebrochen, um der Portikus und dem Keller der neuen Villa Platz zu machen.
Grundrißplan des Hauptgebäudes mit Badetrakt (links). Aus F.-R. Herrmann, Die villa rustica „Haselburg“ bei Hummetroth. Archäologische Denkmäler in Hessen 55² (Wiesbaden 2001).
Man muss sich den Innenhof als einen dreiseitig mit Säulengang (porticus) umgebenen Hof vorstellen, in dem man vor Sonne und Wind geschützt war und in dem ein Garten angelegt gewesen sein kann.
Das eigentliche große Wohngebäude (Hauptgebäude) nördlich des Innenhofs ist innerhalb des Baukomplexes dominierend gewesen; schon die Fundamentstärke belegt, dass es zwar nicht mehrgeschossig war, aber doch eine erhebliche Raumhöhe besaß.
Ausgegraben und rekonstruiert wurden fünf Räume, von denen der mittlere vielleicht einen Speiseraum darstellt, in dessen Apsis die typische U-förmige Anordnung von Speisesofas stand (triclinium). Eine Tür mit 4 Flügeln und erhaltener Sandsteinschwelle bot die Möglichkeit, den Raum zum Innenhof hin zu öffnen, um den Ausblick zu genießen und Wärme einzulassen, während die Apsis sowie der westlich an sie anschließende Raum beheizbar waren.
Funktionsschema einer Hypokaustheizung. Aus D. Baatz/ F.-R. Herrmann (Hrsg.), Die Römer in Hessen² (Stuttgart 1989).
Das teilweise rekonstruierte Hypokaustum im westlichen Raum des Hauptgebäudes.
In diesen beiden Räumen fand man die Reste einer römischen Hypokaustheizung, vor allem Hypokaustpfeiler und Heizkanäle. Westlich der Apsis befindet sich außen ein Feuerungsraum mit Herd (praefurnium), wo ein Feuer in Gang gehalten wurde. Rauch und heiße Luft zogen durch die Sogwirkung unter dem von den Ziegelpfeilern getragenen Fußboden der Räume hindurch und wurden über Hohlziegel (tubuli) an den Wänden nach oben abgeleitet - eine einfache, aber wirkungsvolle Fußboden- und sogar Wandheizung. Ebenfalls zu beheizen war ein halbrunder Teil des östlich an die Apsis anschließenden Raums. Eine Küche war in dem Gebäude nicht vorhanden (siehe Keller); als Speiseraum waren die beheizten Räume sicher am besten geeignet.
Das Gebäude war außen verputzt, der Sockel rot und die Mauern weiß gestrichen. Auch innen zeugen Reste von farbigen Wandbemalungen und Glasfenstern von einem gewissen Wohnkomfort.
Glasfunde
Der "Wirtschaftstrakt"
Der Befund des Kellers (zur Lagerung von Vorräten) und einer vermutlich darüber liegenden Küche (im Keller wurde ein verstürzter Ofen oder Herd aufgefunden) ist bei römischen Villae Rusticae sehr häufig und lässt nicht an der Nutzung des Gebäudes zweifeln, zumal im Hauptgebäude sonst keine Hinweise auf eine Küche o.ä. existieren. Schwieriger wird es schon mit dem südlich und östlich an den Keller anschließenden Bereich. Mehrere Sockelsteine weisen auf eine porticus eines ummauerten Hofes oder auf die Dachkonstruktion eines Gebäudes hin. Man kann annehmen, dass es sich hier um ein Erstgebäude zu wirtschaftlichen Zwecken handelt mit einem Dach, das von Holzpfosten getragen wurde. Es wurde im oberen Bereich abgetragen (s.o.) und die Mauern wurden als Portikus mit den Sockelsteinen weiter benutzt. Deshalb wurde der „Wirtschaftstrakt“ auch mit „Hofbereich“ bezeichnet.Wirtschaftstrakt mit römischem Kräuterbeet
Keller
In die Verbindungsmauer zwischen Keller und Portikus ist ein Abguss des Matronensteins aus Mümling-Grumbach eingelassen, welcher dort in der Kirche zu finden ist. Er zeigt drei Frauen, Mutter- oder vielmehr Fruchtbarkeitsgottheiten, die nebeneinander in einer muschelförmigen Nische sitzen. In ihren Händen tragen sie Schalen oder Körbe mit Früchten. Das Bild ist Gegenstand eines germanisch- römischen Kultes am Niederrhein und in der Eifel. Das Original ist sicher nicht auf der Haselburg gefunden worden.
Das Badegebäude
Südwestlich schließt sich an den Innenhof das für Anlagen dieser Art vergleichsweise große Badegebäude an. Von der Portikus kommend, betritt man zunächst den Umkleideraum (apodyterium). Das Bad der Haselburg weist die drei typischen verschieden temperierten Baderäume auf - Warmbad (caldarium) mit Warmwasserwanne, Laubad (tepidarium), beide hypokaustiert, sowie Kaltbad (frigidarium) mit Kaltwasserwanne. Üblicherweise wurde von Warm nach Kalt gebadet, es konnte aber auch nach Belieben variiert werden.
Blick von Norden über das Badegebäude.
Als Heizeinrichtung ist an das Warmbad innerhalb des Gebäudes westlich der Feuerungsraum mit dem Praefurnium angebaut.
Neben den beschriebenen Einrichtungen gibt es noch einen hypokaustierten Raum, dessen Zweck bislang nicht ganz geklärt ist (Sudatorium oder Winterapodyterium), sowie neben dem Eingang eine Latrine, die man über einen separaten Korridor erreichte. Das ablaufende Wasser aus der Kaltbadewanne diente gleichzeitig zur Spülung der Toilette.
Das Jupiterheiligtum
Ein seltener Glücksfall für die römische Archäologie war die Identifizierung eines rechteckigen (17 x 10 m) großen Bauwerks als Aufstellungsort der auf römischen Villen häufig anzutreffenden Jupitergigantensäule und somit als Heiligtum. Nördlich davon fanden sich bedeutende Reste des als heidnisches Götzenbild zerschlagenen Monuments in einer Grube, darunter Teile des Reiters, der die Säule bekrönte sowie die oberste geschuppte Säulentrommel, anhand derer das Monument mit einer Gesamthöhe von über 10 Meter (!) rekonstruiert wird.Die Säule stand auf einem Fundament innerhalb des nördlichen Innenhofes des Heiligtums. Eine Zwischenmauer trennt in dem rechteckigen Bau einen Vorhof ab.
Die Verehrung des höchsten römischen Staatsgottes findet sich in den römischen Nordwestprovinzen häufig in dieser keltisch-römischen Mischform, die von der großen Jupitersäule in Mainz abgeleitet wird.
Rekonstruktion der Jupitergigantensäule (aufgefundene Teile dunkel) nach einem Rekonstruktionsvorschlag von H.G. Frenz.
Bekrönt wird die Säule häufig von einer rundplastischen Iupiterfigur, die über Giganten hinwegreitet (Darstellung einer mythologischen Szene, Iupiter besiegt die Mächte der Unterwelt), aber auch einfache Darstellungen eines sitzenden Iupiter sind bekannt.
Darunter befand sich der langgezogene Säulenschaft, der in der Regel mit Schuppen verziert war, als Zwischensockel und Zeitsymbol häufig ein Wochengötterstein sowie schließlich der Sockel, der als sog. Viergötterstein (in der Regel mit Iuno, Minerva, Hercules und Mercurius) gearbeitet war. Bei weitergehendem Interesse für den Jupitergigantenkult empfehlen wir folgendes Buch: G. Bauchhenss, Jupitergigantensäulen. Kleine Schr. Kenntnis Röm. Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands 14 (Stuttgart 1976).
Jupiterheiligtum
Hinweis für einen "echten Rundgang" durch die Anlage: Dieser beginnt in der Regel am Modell der Anlage und führt zunächst zu einem Aussichtspunkt über dem Keller, dann um den Wirtschaftstrakt herum in das Hauptgebäude, anschließend in das Bad. Der weitere Weg kann zurück zum Keller oder zum Heiligtum und evtl. zum Tor der Anlageführen. Auf jeden Fall sollte man zum Schluss das neue Informationszentrum aufsuchen.
Das Infozentrum wurde in den Jahren 2011/12 errichtet als Unterkunft für den Haselburgverein und vor allem als Stätte der Information über das römische Landleben in Hessen. Das Gebäude bietet Platz für ein Museum, in dem Funde aus der Grabung, bildliche Darstellungen und erklärende Text-und Bildtafeln gezeigt werden; es enthält einen Saal für Vorträge und Unterricht sowie ein Fundmagazin und Einrichtungen für die Betreuung der Besucher.
Der Besuch der Villenanlage ist kostenlos! Im Infozentrum wird ein Entgelt erhoben; es ist von April bis Oktober an den Wochenenden, sonst nach Vereinbarung, geöffnet.
Am Ausgangspunkt der Besichtigung befindet sich ein Kasten an einem Baum, dem Sie ein Führungsblatt entnehmen können. Ein weiterer Kasten an dem Baum daneben nimmt gerne Ihre Spende für Erforschung und Erhalt der Anlage entgegen.
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